Achtung, große Sache! Ich kann es selbst noch nicht glauben...
Kürzlich hatte ich die Ehre, mich mit dem einzigartigen Kerri Chandler im Ocean Drive zusammenzusetzen. Er ist ein echter Innovator und einer der Grundpfeiler der House Music. Ich sah ihn zum ersten Mal am Abend meines 18. Geburtstags im Fabriclondon spielen.
Neun Jahre später sitze ich mit der Legende persönlich auf einem Balkon in der Musikhauptstadt der Welt und stelle ihm die Fragen, die ich ihm damals gerne gestellt hätte.
Kerri ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Pionier und seiner Zeit immer voraus, sei es durch seine Auftritte oder die Musik, die er veröffentlicht.
Vom Club Zanzibar in New Jersey bis hin zu den legendären Clubs auf der ganzen Welt erzählte Kerri beeindruckende Geschichten und weise Worte sowie alles rund um seine neue Mini-Residency auf Ibiza im Club Chinois Kerri Chandler presents Kaoz Theory.
Lissy Lü plaudert mit... dem König der House Music Kerri Chandler im Ocean Drive
Ich habe gerade gehört, dass eine ganze Schlafzimmersuite hier nach dir benannt ist. Das ist ziemlich cool!
„Ja, das ist großartig! Das Ocean Drive hat mich damit überrascht. Und dann haben sie Kunstwerke und andere Dinge aufgehängt. Ich habe eines meiner Tonbandgeräte in einer Vitrine an der Wand hängen, zusammen mit vielen meiner Bilder. Ich habe ihnen gesagt, dass ich jedes Mal, wenn ich wiederkomme, einfach etwas mitbringe, um den Raum zu bereichern. Ja, es ist unglaublich.“
Was hast du dieses Mal mitgebracht?
„Es ist immer eine Überraschung. Ich verrate es nicht gern, aber im Zimmer liegen viele Bücher und interessante Dinge herum. Es macht mir Spaß, mir Ideen auszudenken, was ich als Nächstes mitbringen könnte.“
Dein Weg von deiner Kindheit in einem rauen Stadtviertel bis hin zu dem Punkt, an dem du dich heute befindest, ist gut dokumentiert. Hast du dir jemals vorgestellt, die Welt mit deiner Musik zu erobern?
„Nicht durch Musik. Ich dachte immer, ich würde Ingenieur oder Elektriker werden oder irgendetwas mit Physik zu tun haben. Das war schon immer mein Herzensanliegen. Und das ist es immer noch.
Mein Job wurde zu meinem Hobby und mein Hobby zu meinem Job. Ich hatte schon früh großes Glück.
Der erste Ort, an dem ich im Ausland spielte, war das Ministry of Sound im Jahr 1991, und dort kamen auch meine ersten Veröffentlichungen heraus. Ich hatte also schon früh Glück. Etwa zu dieser Zeit gründete ich mit Mel Medalle mein eigenes Label Madhouse Records.“
„Ich habe diesen Track namens My Love, My Life gemacht, der bei Top Of The Pops lief.
Mel lud mich ein, vorbeizukommen. Ich wollte mein eigenes Plattenlabel haben. Mel leitete Champion Records. Er sagte: „Warum kommst du nicht vorbei und wir machen eine Tour? Es gibt diesen neuen Club namens Ministry Of Sound.“ Und das war's. Damit hat alles angefangen.“
War es ganz anders als das, was du damals gewohnt warst?
„Nein, das hat mich am meisten überrascht. Es war buchstäblich das Gegenstück zum Paradise Garage. Es war genau derselbe Raum, mit demselben System, mit dem ich normalerweise spielte und allem. Es war ein Richard Long-System. Und ich kam damit so gut zurecht. Es war so einfach für mich.
Ich dachte nur: ‚Oh, wow, das ist wie zu Hause.‘“
Gab es einen Unterschied zwischen den Crowds?
„Das Publikum war wunderbar. Ich war so überrascht. Die Leute haben Dinge gemacht, die wir zu Hause nicht gemacht haben. Sie haben gejubelt und diese großen Schilder aufgestellt und all diese anderen verrückten Sachen. Wirklich, wirklich toll. Aber sie haben mich die ganze Nacht spielen lassen. Und ich dachte, das ist unglaublich."
Frühe Einflüsse
Du hast in der Vergangenheit darüber gesprochen, wie stark dich dein Vater beeinflusst hat. Welcher Ratschlag von ihm ist dir im Gedächtnis geblieben?
„Er gab mir zwei Ratschläge, die mir immer am meisten im Gedächtnis geblieben sind.
Das erste war: „Das quietschende Rad bekommt das Öl“, was bedeutet, dass man Lärm machen muss, um bemerkt zu werden oder damit andere wissen, dass etwas nicht stimmt, und um etwas dagegen tun zu können.
Die zweite lautete: „Halte deine Werkzeuge in gutem Zustand, denn das sind die Werkzeuge, mit denen du arbeitest. Stelle sicher, dass sie sauber sind. Stelle sicher, dass alles so funktioniert, wie es soll. Kümmere dich um deine Werkzeuge, und sie werden sich um dich kümmern.
Dank ihm ist bis heute alles, was ich seit meiner Kindheit gekauft habe oder besitze, in tadellosem Zustand. Ich habe alles in Koffern aufbewahrt und dafür gesorgt, dass alles makellos sauber ist.“
In einem früheren Interview habe ich gelesen, dass du mit 13 Jahren begonnen hast, in Clubs in New Jersey auf Milchkisten das Warm-up für deinen Vater zu übernehmen…
„Oh ja, Stühle, Milchkisten, worauf auch immer sie mich stellen konnten. Sie zogen mir einen Anzug an und ich stand einfach da, während sie mir Platten reichten. Bei der Hälfte der Platten wusste ich nicht einmal, was sie waren.
Alles begann an einem Wochenende, als mein Vater mich beim Spielen an seinen Plattentellern erwischte. Ich stand auf einem Stuhl im Wohnzimmer. Er meinte: „Was machst du da? Komm da runter!“ Und ich sagte: „Ich lege auf.“ Er sagte: „Du weißt nicht, was du tust. Du machst meine Sachen kaputt.“
Dann sagte er: „Also, zeig es mir, zeig mir, was du tust. Und wenn du nicht weißt, was du tust, werde ich dich kreuzigen.“ Also fing ich sofort an, Platten zu mischen, und er war hin und weg. Es sah aus, als würde er beginnen zu weinen. Also durfte ich ab diesem Wochenende jede Woche spielen.
Ich studierte seine Platten, die dann zu meinen Platten wurden, und wir gingen zusammen zum Plattenpool. Das waren einige der besten Zeiten, die ich je hatte."
Erinnerst du dich an die Lieder, die du gespielt hast? Spielst du heute noch welche?
„Oh ja, absolut. Martin Circus war für mich eine große Nummer. Ich liebte die frühen Disco-, Salsoul-, Prelude- und West End-Labels, die auch heute noch zu meinen Lieblings-Plattenlabels gehören."
Du hast in einigen sehr kultigen Clubs gespielt, wie zum Beispiel im Paradise Garage und Ministry Of Sound, wie du erwähntest. Wenn du einen Moment noch einmal erleben könntest, welcher wäre das?
„Das klingt jetzt vielleicht komisch, aber ich wollte immer weiter vorankommen. Ich habe so viele wunderbare Erinnerungen an verschiedene Clubs.
Ich hatte immer tolle Zeiten und ich möchte, dass andere Menschen die gleichen Gefühle haben wie ich. Also versuche ich, die gleichen Erfahrungen, die ich gemacht habe, für ein neues Publikum nachzubilden. Ich respektiere die Vergangenheit, aber ich freue mich auf die Zukunft."
Kerri Chandler presents Kaoz Theory im Club Chinois
Reden wir über die Residenz Kaoz Theory im Club Chinois. Im Mai habt ihr die Openingparty mit Claptone veranstaltet. Warum habt ihr euch entschieden, sie 2024 zu veranstalten?
„Das war etwas, was wir zu einem Zeitpunkt machen wollten, an dem wir das Gefühl hatten, dass die Zeit dafür reif ist. Ich wollte einfach alle meine Freunde herbringen und eine gute Zeit haben. Es ist ein großes Statement, wenn man seinen Namen einem Club verschreibt. Bisher war sie sehr erfolgreich.
Auch die Prepartys im Laylah machen viel Spaß. Ich spiele dort viel Disco, brasilianische und seltene Grooves.“
Was macht den Club Chinois so besonders?
„Als ich das erste Mal dort war, hieß der Club HEART. Ich habe ein paar DJ Awards gewonnen und das war die Venue, an der die Preisverleihung stattfand. Ich fand den Club damals schon toll.“
Kerri Chandler nimmt Ende Sommer 2019 seinen DJ Award entgegen
„Ich traf die Besitzer und sie schlugen vor, eine Nacht dort zu veranstalten. Aber der Zeitpunkt war nicht richtig und das HEART schloss, bevor wir dies verwirklichen konnten. Dann eröffnete eine neue Crew den Club Chinios und sie hatten eine ganz neue Vision von der Location.
Mir gefiel die Richtung, die sie einschlagen wollten, und alles passte einfach zusammen. Endlich war der Zeitpunkt richtig.“
Wie bist du bei der Erstellung der Line-ups vorgegangen?
„Ich habe viele meiner Freunde angerufen und gefragt, ob sie Interesse hätten oder ob sie mitmachen könnten, denn viele dieser Jungs, wie The Martinez Brothers und Black Coffee, haben ihr eigenes Ding auf der Insel am Laufen. Es konnten nicht alle mit dabei sein. Aber ich habe so viele Freunde, die großartige DJs und Produzenten sind.
Mein Team hat alle Personen zusammengeholt, die innerhalb der vorgegebenen Zeit verfügbar waren.“
In welchem DJ-Format werdet ihr spielen? Werden wir auch Reel-to-reel zu sehen bekommen?
„Na ja, vielleicht. Man kann es nie wissen. Vielleicht kurz vor der Closing? Ich möchte eine Menge Sachen ausprobieren, Dinge, die ich noch nicht unbedingt vorher gemacht habe.“
Abenteuerlustig bleiben, Wissen und Weisheit weitergeben
Kannst du mir einen Einblick geben, was du gerne tust, wenn du auf Ibiza bist? Was war das Aufregendste, das du hier gemacht hast?
„Ich muss sagen, dass ich hier jedes Mal etwas Neues entdecke, wenn ich wiederkomme. Ich glaube, das Wagemutigste, was ich je gemacht habe, war, als ich mit einem kleinen Boot rausgefahren bin. Ich kann nicht schwimmen. Ich habe vor Jahren einmal Parasailing gemacht. Das Gleiche wieder. Ich kann nicht schwimmen. Wenn ich also ins Wasser falle, wird es ein Problem.“
Gibt es deiner Meinung nach zukünftige Stars der House Music, auf die wir achten sollten?
„Oh, wow! Es sind zu viele, um sie alle zu erwähnen. Wenn ich anfange, Leute zu erwähnen und jemanden vergesse, werden sie sauer auf mich sein, aber da ist Devon Miles von meinem Plattenlabel Kaoz Theory mit seiner neuen Veröffentlichung Beautiful. Und Nae aus Südafrika mit der Single Caged Bird."
Wie begann deine Beziehung zu diesen Künstlern?
„Ich höre etwas von ihnen, oder manchmal schicken sie mir etwas, das sie gemacht haben. Oder ich treffe jemanden, und wir unterhalten uns einfach. Wenn etwas los ist und ich von einem Talent höre, das noch niemand gesehen hat, und sie es mit mir teilen, ist das großartig.“
Hast du einen Rat für junge, aufstrebende Künstler im Königreich, die versuchen, in der Branche Fuß zu fassen?
„Mein Rat wäre, sich beeinflussen zu lassen, aber keinen Trends zu folgen. Kennt eure Ausrüstung, lernt, wie man Fehler behebt, lernt, ein Instrument zu spielen, übt, übt, übt, bis es euch in Fleisch und Blut übergegangen ist, und knüpft Kontakte. Das wäre mein Rat.“
Du spielst später bei der Defected und warst schon bei der Openingparty der Palmarama und bei der Glitterbox zu Gast. Unterscheidet sich die Musik, die du spielst, von Party zu Party, von Club zu Club?
„Es ist immer anders. Es hängt alles von der Stimmung ab. Es geht wirklich um das Publikum und darum, womit ich Spaß haben kann. Wenn das Publikum Lust hat, experimentiere ich ein bisschen und spiele ein paar Überraschungen.“
Für die Kaoz Theory stehen diesen Sommer noch vier Termine am Programm: 15. und 22. August sowie 3. und 10. Oktober. Gorgon City, Prunk, KiNK (live), DJ Deep und Dennis Quin begleiten Kerri über die Termine verteilt.
Die Tickets sind jetzt im Verkauf und unten erhältlich. Dort findet ihr auch das Line-up für die einzelnen Termine.
FOTOGRAFIE | von CM. Robinson und Mario Pinta